Mariabuchen

 
 Geschichte und Hintergrund, volkskundliche Darstellung

 

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Die Fuldaer Wallfahrt nach Mariabuchen

Von den alljährlichen Wallfahrten, die Maria Buchen erreichen, ist die Prozession der Wallfahrtsgruppe aus Fulda diejenige, die den weitesten Weg zurücklegt und die dennoch über Jahrzehnte als diejenige galt, die mit dem größten Zulauf nach Maria Buchen kam.
Entstanden ist die Wallfahrt aus Fulda im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. Nach den Berichten in der Klosterchronik von Maria Buchen und dem, was die Fuldaer Pilger auch selbst berichten, stand am Anfang ihrer Wallfahrt die schwere Erkrankung der langjährigen Wallfahrtsführerin Maria Müller. In der Klosterchronik wurde in der Rückschau 1939 festgehalten: Gründerin der Fuldaer Wallfahrt ist Frau Marie Müller (†1934). In ihren jüngeren Jahren ist sie schwer krank darnieder gelegen an Starrkrampf. Im Geiste sah sie das Gnadenbild von Maria Buchen. Und sie machte das Gelübde, barfuß nach Maria Buchen gehen zu wollen, falls sie wieder gesund würde. Nach ihrer Gesundung hat sie ihr Gelübde gehalten, und ist barfuß hierher gewallt. In den folgenden Jahren haben sich ihr auch andere angeschlossen. Von Jahr zu Jahr sind es immer mehr geworden, bis sich schließlich die jetzige alljährliche Dreifaltigkeitswallfahrt herausgebildet hat.

Fuldaer Wallfahrt im Jahre 2000

Alois Döring analysiert den Fuldaer Wallfahrtsbrauch: ... der Ursprung ist also ein Wallfahrtsmirakel, in einer wunderbaren Gebetserhörung durch Traumweisung. Solches gehört zu dem übernatürlichen Geschehen, durch das sich der Gnadenpatron eines Wallfahrtsortes den Gläubigen mitteilt. Gott oder der Heilige bietet durch eine wunderbare Erscheinung dem heilsuchenden Menschen seine Hilfe an. Dieser antwortet durch verschiedene religiöse Akte: Gebet, Gelübde, Wallfahrt.
Das Verlöbnis der Barfußwallfahrt stellt als Aus- druck verstärkter persönlicher Opferleistung die verbreitetste Form erschwerter Wallfahrt dar. Zu Beginn war die Fuldaer Wallfahrt an Maria Himmelfahrt, seit 1923 ist sie am Dreifaltigkeitssonntag. Seit 1912, dem 20. Jahrtag der Wallfahrtsgründung, findet auch jeweils eine abendliche Lichterprozession durchs Buchental statt. In den 109 Jahren der Fulda-Wallfahrt nach Maria Buchen wurde die Pilgergemeinschaft stets von wenigen, lange Jahre amtierenden Wallfahrtsführerinnen und Wallfahrtsführern zusammengehalten. Im Jahre 2000 führte die Fuldaer Gruppe erstmals ihre neue Standarte, ein Labarum S. Mariae, bei ihrer Prozession mit. Die Fahne wurde feierlich von Pater Christian in den abendlichen Gebetsstunden gesegnet. Besonderheit der Fuldaer Wallfahrt ist es auch, dass die Pilger von einem Kapuziner am Lohrer Bahnhof abgeholt und in Prozessionsform durch die Stadt und den Stadtteil Steinbach zur Wallfahrtskirche geleitet werden. Die überwiegende Zahl der Teilnehmer verbringt die Nacht nach der Lichterprozession durchs Buchental bei Gebet und Meditation in der Wallfahrtskirche. In Spitzenzeiten beteiligten sich bis zu 1500 Pilger an der Fulda-Wallfahrt. Ansehnliche Weihegaben Die Fuldaer Wallfahrer haben sich durch ansehnliche Weihegaben an der Ausschmückung des Wallfahrtsortes beteiligt. So spendeten sie 1912, also im 21. Jahr ihrer Pilgergemeinschaft, die Pietà von Arthur Schlegelmünch für den Marienbrunnen im unteren Teil des Kirchplatzes und 1916 wurde der Freialtar am Fuße der Bergtreppe neu gestaltet mit einer Weihegabe aus Fulda.
Heinz Schiestl, der zusammen mit seinem Vater Matthäus und seinen Brüdern Matthäus d. J. und Rudolf Schiestl seit den achtziger Jahren in und für die Wallfahrtskirche arbeitete, hatte anläßlich seiner Hochzeit 1908 in Dorfprozelten der dortigen Pfarrkirche St. Vitus einen Altar gestiftet, der die Heilige Familie vor der Mauer einer fränkischen Stadt gruppierte (vgl. Der Spessart 1/2001. Titelbild). Für Maria Buchen schuf er dann 1916 die Gruppe ein zweites Mal mit nur geringen Abweichungen, die in der Hauptsache den Hintergrund betrafen, vor dem die Gruppe platziert war. Der Schiestl-Altar wurde 1964/65 bei der Umgestaltung des Kirchenumgriffes anlässlich der Fertigstellung des Neubaus der Pilgerwirtschaft "Waldrast" entfernt und an seine Stelle die barocke Kreuzigungsgruppe gesetzt, die bis dahin vor der Klosterpforte stand. Die Schiestlgruppe kam in eine Remise im Klosterhof, wo sie der Autor antraf bei einer Inventarisierung der nur noch spärlich vorhandenen Votiv- und Weihegaben des Wallfahrtsortes im Rahmen einer volkskundlichen Seminararbeit an der Universität Würzburg. In den folgenden Jahren hat Leo Stock, der inzwischen verstorbene Neffe des Heinz Schiestl, die Gruppe von Grund auf restauriert. Heute hängt sie im Spessartmuseum in Lohr am Main. Verloren gegangen ist die städtebauliche Kulisse der Arbeit, die das Dorfprozeltener Werk so meisterhaft gruppiert und die - wenn auch in anderer Umgebung - auch dem Buchener Werk Rahmen und Atmosphäre bot.

 

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