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Segnen und Segen erflehen
Am Ende seines Testamentes spricht Franziskus ein Segensgebet.
Er erfleht den Segen Gottes für seine Brüder und bekräftigt ihn.
Von Dietrich Bonhoeffer habe ich einmal eine schöne Definition
des Segnens gelesen: "Segnen, das heißt die Hand auf etwas legen
und sagen: Du gehörst trotz allem Gott .... Wer aber selbst gesegnet
wurde, der kann nicht anders, als diesen Segen weiter zu
geben. Jeder muss dort, wo er ist, zum Segen sein. Nur aus dem
Unmöglichen kann die Welt erneuert werden: dieses
Unmögliche ist der Segen Gottes".
Franziskus schreibt das lateinische Wort für Segnen "benedicere"
immer in zwei Teilen, also "bene dicere". Die Übersetzung lautet:
Gutes sagen, Gutes zusprechen, Gutes wünschen. Wenn wir
vom umbrischen Dialekt des Franziskus ausgehen, lautet die
Übersetzung: Gut heißen; von etwas sagen, dass es gut ist; etwas
als gut bejahen. Für Franziskus heißt dann Segnen: Gott möge
dich für gut befinden; er möge sein "bene", sein "gut", sein ,,ja"
zu dir sagen.
Wenn Gott uns Gutes zuspricht, dann ist das nicht bloßer Wunsch. Sein Wort ist voller
Wirkkraft. Segnen, das ist Gottes Wirken in diese Welt hinein.
Segen und Segnen sind etwas sehr Positives. Er bewirkt, dass ich mich ernst genommen
und angenommen fühle - unabhängig von meinen Fehlern. Gesegnet zu werden und zu
segnen kann mich aus dem "Gefängnis meiner Unvollkommenheit" befreien, weil mir -
unabhängig von meinen Leistungen - Gutes zugesprochen wird.
Es ist gut zu wissen, dass die deutschen Wörter "segnen" und "signieren" aus derselben
lateinischen Wurzel stammen. "Signare" heißt: Etwas mit einem Zeichen versehen, etwas
siegeln. Dass dieses Wort sich zu unserem Segen/Segnen entwickelte, meint konkret das
Zeichen des Kreuzes zu machen und den Gesegneten in den Wirkungskreis des Kreuzes
zu stellen: Im Kreuz ist Heil. Franziskus hat z.B. für Bruder Leo eine Segenskarte
geschrieben. Dabei zeichnet er unter die Segensworte einen Kopf und zeichnet auf die
Stirne ein Kreuzzeichen. Er stellt das Kreuzzeichen als Segens- und Heilszeichen in das
Dunkel des Mitbruders.
Franziskus liebte vor allem den so genannten Aaronsegen: "Der Herr segne dich und
behüte dich. Er zeige dir sein Angesicht und erbarme sich deiner. Er wende dir sein
Antlitz zu und schenke dir den Frieden. Der Herr segne dich". In dieser biblischen
Segensformel sind zwei Elemente enthalten: das Übermitteln von heilvoller Kraft und
das Fernhalten bzw. Überwinden des Bösen.
Je mehr die Brüder merkten, dass ihr Vater Franziskus seinem Tod entgegenging, desto
mehr erflehten sie seinen Segen. Der Heilige segnete gerne. Er und seine Brüder sahen
im Segen Lebensorientierung. Er segnet Bruder Bernhard von Quintavalle, er segnet
Klara und ihre Schwestern, er segnet alle Brüder. Im Siena-Testament heißt es: "Schreibe,
dass ich alle meine Brüder segne, die im Orden sind und die kommen werden bis zum
Ende der Welt...". Franziskus segnete mit seinen letzten Kräften: "Einem jedem gab er
seinen Segen, wie es ihm von oben eingegeben ward, gleich wie vormals der Erzvater
Jakob seinen Söhnen, ja wie ein zweiter Moses, der die Söhne Israels mit Segnungen
überhäufte .... " (1 Cel108)
Segen - ein Beziehungsgeschehen: Gott - Du - Ich
Der Segen mit all seinen Wirkungen geht von Gott aus, dem Schöpfer, der uns samt allen
Kreaturen geschaffen hat, erhält und segnet. Gott stiftet letztlich selbst die Gemeinschaft
zwischen sich und dem Menschen. Der Segen kann nach der Bibel sehr viel umfassen,
neben der Gemeinschaft mit Gott auch die Gemeinschaft mit anderen Menschen und -
ebenfalls - materielle Güter. Wenn Väter, Mütter, Gastgeber, Priester, Kinder, Gäste oder
Wallfahrer beim Eintritt oder beim Abschied segnen - sie sollen es tun -, dann geben sie
weiter und sprechen zu, was sie selbst empfangen haben, was aber nicht ihr Besitz ist.
Der Dank aber für solchen durch Menschen vermittelten Segen in Haus und Hof, Ehe
und Familie richtet sich wieder zurück an Gott, von dem alles kommt. Segen ist ein
Prozess, gewissermaßen ein Kreislauf, in dem das, was als Segenskraft vom Schöpfer
ausgeht und von Menschen an Menschen weitergegeben wird, als Dank an Gott
zurückgeht.
Pater Dr. Anselm Kraus,
Kloster Schwarzenberg
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Letzte Aktualisierung 09.03.2010
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