Mariabuchen

 
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Meine Angst (Einstimmung in die Wallfahrt am frühen Morgen)

Warum handeln wir eigentlich, wenn wir in einer Entscheidungs-Situation stehen, gerade so, wie wir eben entscheiden, und nicht anders? Was gibt den Ausschlag bei der Abwägung der Gründe?

"Natürlich der Überhang der Argumente für Pro oder eben für Contra" werden wir sagen. Sicher, das ist vernünftig, so wollen wir es machen und so werden wir es in den meisten Fällen auch tun.

Da gibt es aber noch eine kleinere oder vielleicht gar nicht so kleine Menge an Situationen, die sind anders. In denen sieht die Sache bei Lichte betrachtet gar nicht so eindeutig aus. Wenn wir nämlich nicht von vorneherein wissen, wie sich unser Verhalten so oder so auch auswirkt, was es für Folgen hat. Was in dieser oder jener Richtung dabei heraus kommt.
Es könnte ja auch schief gehen!

Und schon ist es da, dieses Unbehagen in der Magengegend, der erhöhte Blutdruck, die feuchten Hände, das Zittern in der Stimme, der Kloß im Hals.

Dieses Gefühl, das uns unsicher macht, uns umklammert, die Freude nimmt: Angst.

Wir wollen sie gerne verdrängen, wollen sie nicht gerne wahrhaben, weil sie uns schwächt. Und doch sind wir, wenn wir ehlich zu uns sind, in vielerlei Ängste verstrickt. Da müssen wir gar nicht krankhaft neurotisch sein, um uns in vielen Lebenssituationen von Ängsten beherrschen und bestimmen zu lassen. Denn die Ängste sind so vielfältig wie banal:


-   Schaffe ich diese Wallfahrt denn konditionell?
-   Was sagen meine Kumpels oder meine Freundinnen,
    wenn sie erfahren, daß ich bei einer Wallfahrt dabei war?
-   Hoffentlich hält das Wetter?

Oder: Da sind die Ängste in den Beziehungen:

-   Die Angst vor einer Bindung an einen anderen Menschen.
    (Ist das wirklich der richtige?)
-   Die Angst der Kinder, den Ansprüchen der Eltern nicht gerecht zu werden.
-   Die Angst der Eltern, von den heranwachenden Kindern abgelehnt zu werden.
-   Die Angst der Eheleute, ihrer gegenseitigen Liebe nicht mehr sicher zu sein.
   (Mag er sie noch, auch wenn ich nicht mehr der tolle Hecht von früher bin?
    Und was macht er, wenn eine andere, jüngere, atraktivere kommt?)
-   Die Angst der Schüler vor den Lehrern.
-   Die Angst der Lehrer vor den Schülern
    (und zwar nicht erst seit dem Masaker von Erfurt).
-   Die Angst vor dem Chef, vor den Mitarbeitern.
-   Die Angst vor einem schwierigen Gespräch.
-   Die Angst vor dem Gerede der Anderen.
-   Die Angst, von anderen nicht beachtet zu werden.
    Und die eigenen Existenzängste:
-   Die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren.
-   Die Angst, die Prüfung zu vermasseln.
-   Die Angst, alt und auf andere angewiesen zu sein.
-   Die Angst, Opfer eines Anschlages zu werden.
-   Die Angst vor einem Krieg.
-   Die Angst vor einer nuklearen Katastrophe.
-   Die Angst, krank zu werden.
-   Die Angst vor einem Unfall
-   Die Angst, den Verstand zu verlieren.
-   Die Angst, etwas falsch zu machen.
-   Die Angst, das am Ende alles sinnlos ist.
    Meine eigene Angst, die ich niemandem sage!
Die Erfahrung von Angst, Not und Verzweiflung ist eine Grunderfahrung der Menschen. Auch der Psalmist kennt sie und hat sie in Worte gefaßt.

GL 715 (Psalm 22a)

Angst kann lähmen und blockieren. Sie kann zu blindem Aktionismus führen und den Sinn für die Realitäten gänzlich verschwinden lassen. Sie kann uns beschleichen und fast unbemerkt unser Leben steuern und grau und hoffnungslos machen.

Vor was und vor wem habe denn ich Angst?
Welche Angst steuert denn mich bewußt oder unbewußt?
Was ist mir unheimlich?
Was läßt mich unruhig schlafen?
Was macht mir Sorgen?
Wie heißt meine Angst?

GL 809, 1 + 2

Klein-David: ÜBER GLAUBEN UND MIßTRAUEN
In einem mehrstöckigen Haus brach eines Tages Feuer aus. Alle konnten rechtzeitig aus der Flammenhölle gerettet werden, bis auf Klein-David im zweiten Stock; er wurde übersehen. Von Feuer umgeben, das jeden Fluchtweg versperrte, stieg Klein-David auf den Fensterrand, sah nur Rauch und begann, um Hilfe zu schreien. Sein Papa stand unten auf der Straße und hörte ihn. In jedem Moment würde das Haus einstürzen. So rief der Papa, so laut er konnte: "Schnell David, schnell spring! Spring David! Spring!" "Aber Papa, ich sehe dich nicht!"
Jeden Tag tritt unser Gott persönlich an uns heran und unterbreitet uns ein Liebesangebot: "Lieber Mensch, um dich brennt es. Komm, bete, sprich mit mir, erzähle mir deine Sorgen, laß dich von mir heilen, laß dich von mir erlösen, befreien, in die Freiheit der Kinder Gottes führen, überlasse dich mir ganz, reserviere nichts für dich, komm, vertrau mir, ich lasse dich niemals im Stich, ich bin dein Gott! Ich liebe dich so wie niemand sonst auf der Welt."
"Aber Herr, mein Gott, es wird dich schon geben, und ich brauche dich auch: irgendwie, aber ich sehe dich nicht.
Was ist, wenn es dich letztlich doch nicht gibt? Und außerdem, ich kann nicht glauben, daß du soo viel mit meinem persönlichen, eigenen Leben zu tun haben willst, daß du in meinem eigenen persönlichen Leben mitmischen willst. Weißt du Gott, wenn du mir jetzt wirklich zuhörst, eigentlich paßt es mir so, wie es jetzt ist. Wer weiß, was du noch alles mit mir vorhast. Nein danke, lieber nicht! Ich fürchte, daß ich mein Leben grundlegend ändern müßte, würde ich mich mehr auf dich einlassen. Nein Herr, tut mir leid, aber alles, was recht ist: Du bekommst von mir jene festgelegten Zeiten, die ich für dich seit Jahren reserviert habe, aber mehr, tut mir leid, ist einfach nicht drin".
"Aber, lieber Mensch, was machst du ohne mich, ich will doch helfen, daß die Flammen dich nicht verbrennen, ich möchte deine Wunden heilen, ich will dich nicht verbrennen sehen; ich sehne mich danach, dir jenen Frieden zu schenken, den du bisher nie erfahren hast, vertraue dich mir ganz an; und alles andere, was du brauchst, wird dir dazugeschenkt werden. Glaube! Mißtraue nicht! Vertraue mir, deinem Gott!"
"Ach Gott, wenn ich doch wüßte, was tun? Ich spür es ja, daß ich dich brauche, Gott, aber ich weiß nicht recht! Ich sehe nur Rauch, sonst nichts!"
"Selig, die nicht sehen, und doch glauben. Komm Mensch, ich liebe dich, spring, spring um dein Leben, vertrau es mir an, spring in meine starken, schützenden, zarten Arme; ich sehe dich; ich fange dich auf; doch spring, bitte spring! Tu' s wenigstens für dich! Spring!"

Werde ich meine inneren Widerstände überwinden können? Werde ich es schaffen, mich durch ihn, meinem Gott, von all meinen Ängsten, Zweifeln und Sorgen, von meinem Mißtrauen, befreien zu lassen? Werde ich mich ihm, meinem Heiland und Erlöser, im Glauben ganz anvertrauen können? Werde ich es schaffen, mich aus dem brennenden Gebäude der Sünde um mich herum und in mir in seine erlösenden Arme zu stürzen: nicht nur jetzt sofort in der Eucharistiefeier, sondern heute, morgen, übermorgen, und dann alle Tage meines Lebens? Werde ich DAS Abenteuer meines Lebens mit meinem Gott riskieren?

Ach, übrigens: Der Papa in der anfangs erwähnten Geschichte hat Klein David versichert, daß er ihn trotz des Rauches und des Feuers sieht und daß er springen soll, wenn er gerettet werden will. Der Papa werde ihn auffangen.
Klein-David hatte furchtbare Angst, Angst, auf dem harten Asphalt zu landen, Todesangst. Doch er nahm all seinen Mut zusammen, schloß seine Augen und sprang. Der Glaube und das Vertrauen Klein-Davids waren stärker als Mißtrauen und Angst. Er glaubte daran, er vertraute darauf, daß der Papa ihn sieht und daß er ihn auffangen wird. Und so geschah es wirklich: Die beiden umarmten sich und liebten sich mehr als je zuvor.
-Das Haus aber stürzte einige Minuten später ein.

BIN ICH KLEIN-DAVID?

GL 809, 3

GL 716 (Psalm 22b)

Ich habe einmal in einem Gespräch gesagt: Für einen Christen dürfte es eigentlich keine Angst geben. Das sei doch eigentlich sogar Sünde, weil es an der Realität der Erlösung durch Jesus zweifelt. Ich wurde eines besseren belehrt mit dem Hinweis, daß unser Herr Jesus selbst Angst, Todesangst ausstehen mußte. Im Evangelium wird berichtet, daß ihm vor seinem Leiden am Ölberg der Angstschweiß wie Blut zur Erde tropfte. Die Worte aus dem Hebräerbrief kann ich seither noch besser verstehen. Sie drücken aus, was Jesus für uns so einmalig macht. Er sit Gott und wollte uns, seine Geschöpfe nicht allein lassen, selbst in der Angst der Gottverlassenheit am Kreuz (Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!!!):
"Als er auf Erden lebte, hat er mit lautem Schreien und unter Tränen Gebete und Bitten vor den gebracht, der ihn aus dem Tod retten konnte und er ist erhört und aus seiner Angst befreit worden. Obwohl er Sohn war, hat er durch Leiden den Gehorsam gelernt; zur Vollendeung gelangt, ist er für alle, die ihm gehorchen, der Urheber des ewigen Heils geworden und wurde von Gott angeredet als Hoherpriester nach der Ordnung des Melchisedeks."

Wenn wir also Jesus nachfolgen, dürfen wir nicht meinen, keine Angst mehr erleben zu müssen. Wir können aber fest darauf vertrauen, daß er unsere Angst kennt und uns durch unsere Angst hindurch begleiten wird zu neuem Licht, zu neuer Zuversicht und Lebensfreude. GL 8, 2 (Antwort:: Wir bitten dich, erhöre uns.)

Das phantastische an Gottes Art ist es, nicht dem Bösen mit Gewalt und der Falschheit mit Raffinesse zu begegnen, sondern allein auf eine Karte zu setzen. Diese eine Karte ist nichts anderes als die Karte der Liebe. Liebe ist stärker! Herz ist Trumpf!
Aus Liebe gibt der Vater seinen Sohn in die Armseligkeit des Menschseins. Mit Liebe überwindet Jesus die Angst vor dem Leiden. Das ist Liebe ohne Gefühlsduselei, sondern knallhartes Handelt nach dem Motto. "Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe." Aus Liebe steht uns der Geist bei. Treibt uns an, rät, stärkt und sendet uns.
Lassen wir diese Liebe über uns aufscheinen, wenn nun langsam die Sonne aufgeht. So wie das Licht der Sonne um uns ist und wir uns schon verkriechen müßten, um nicht davon angeleuchtet zu werden, so wollen wir uns nun auch ganz bewußt der Liebe Gottes aussetzten, die uns selbst in unserem Inneren anscheint. Lassen wir sie zu und bedenken wir auch in Dankbarkeit, wie gut doch unser Gott uns ist.

GL 934 1 + 2

Ich weiß, daß Du mein Vater bist
in dessen Hand ich wohlgeborgen;
Ich will nicht fragen, wie du führst,
ich will dir folgen ohne Sorgen.
Und gäbest Du in meine Hand
mein Leben, daß ich selbst es wende,
ich legt in kindlichem Vertraun
es nur zurück in deine Hände.

GL 934, 3 + 4

 

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