Mariabuchen

 
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Unser Weg nach Mariabuchen

Besinnung zu Beginn der Wallfahrt (1)

In der Wallfahrtsbeschreibung von Mariabuchen heißt es: Ein Schäfer aus Sendelbach hatte auf dem Weg von Lohr nach Karlstadt, knapp an der Gemarkungsgrenze zu Steinbach einen Platz gefunden, der es ihm besonders angetan hatte. Im Schatten der Buchen und in der Abgeschiedenheit des Waldes fühlte er sich seinem Schöpfer besonders nah. Er schnitzte ein kleines Bild der schmerzhaften Mutter Gottes mit dem toten Heiland auf dem Schoß und stellte es in die Asthöhle einer alten Buche, wo es im Laufe der Jahre langsam einwuchs. Der fromme Mann hatte sich ein kleines Waldheiligtum geschaffen, das den Bewohnern der umliegenden Dörfer wie den Passanten nicht verborgen blieb. Bald kamen auch sie zur Marienbuche oder hielten auf ihrem Weg hier inne, um zu beten und der Mutter Gottes ihre Sorgen und Wünsche anzuvertrauen. So entstand der Gnadenort Mariabuchen, der das Ziel unserer heutigen Wallfahrt sein soll.


Wallfahrt? Was ist das?
Lt. Lexikon "eine Fußreise unter Gebet und Gesang".
"Wallen" kommt aus dem ahd. "schweifen, hin- und herwehen"  und
"fahren" bedeutet reisen, ziehen, zurücklegen,
also ein sich Fortbewegen in einem ganz eigenen Rhythmus, ohne
Hektik, aber stetig, so wie der Schäfer mit seiner Herde oder der
Heißluftballon über uns.
Genauso wollen wir auch unsere heutige Wallfahrt angehen und
beten:
Maria, Mutter Gottes und auch unsere Mutter,
wir sind unterwegs auf den Straßen unseres Lebens
oft voller Mühe, Angst und Sorge,
oft aber auch mit Freude, Glück und Begeisterung.
Gib uns Mut für unseren Lebensweg
und zeige uns, wie wir ihn nach deinem Willen gehen,
damit wir eines Tages an unserem Ziel ankommen,
bei Jesus Christus, unserem Schöpfer, deinem Sohn.
Maria, Hilfe der Christen, bitte für uns.

So sind wir heute also auf dem Weg! Unsere kleine Pilgerreise hat,
gemessen am Marien- oder gar am Jakobsweg, so gar nichts
Spektakuläres. Er ist nur etwa 30 km lang, aber seit ein paar Jahren
jedoch "mein Camino" geworden, auf den ich mich schon seit
Wochen freue. Und ich muss ihn heute erst wieder einmal gehen! Ja
gehen; denn nur durch einen ersten Schritt erreiche ist das Ziel.
Das Ziel - welches Ziel - mein Ziel, das ich mir selber gesteckt habe
oder das mir andere stecken? - Oder ist gar der Weg das Ziel?
All diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, während ich beginne
zu gehen, nein zu laufen, voller Tatendrang, mit schnellen,
ungestümen Schritten, etwas gehetzt von den vermeintlichen
Notwendigkeiten, Pflichten und frühmorgendlichen Vorbereitungen
vor meinem Weg. Nur ganz langsam werde ich ruhiger und komme in
einen Rhythmus, der es mir hoffentlich ermöglichen wird, mein Ziel
zu erreichen. Die Worte Coupertins kommen mir in den Sinn:
Der Vogel fliegt,
der Fisch schwimmt - und
der Mensch geht. -
Und ich beginne zu gehen, meinen Weg, meinen Camino!
Mir wird klar, dass ich das mir heute gesteckte Ziel Mariabuchen nur
erreichen werde, wenn ich den Weg gegangen bin und dass nicht
jeder, der schnell läuft, auch ans Ziel kommt. Ich muss meine
Kondition nicht messen müssen; ich werde mir meine Kräfte einteilen,
beständig und beharrlich, - und ich muss meine Seele mitnehmen,
von Station zu Station. Gehen, nicht Hetzen und Rennen, Gehen ist
Beten mit den Füßen - und Jochen Klepper schreibt:
Gott hat Zeit - und hat meine Zeit in Händen.
Und ist es nicht auch wichtig, auf dem Weg ab und zu einmal
anzuhalten? Oft liegen ja die interessantesten Entdeckungen am Rande
des Weges. Leicht kann man im Eifer der Schritte vorbeieilen, nur das
Ziel vor Augen. Aber am Wegesrand wartet so manches, das wert und
wichtig ist, anzuhalten, was nachdenklich oder freudig stimmt - es
lohnt sich, innezuhalten,
sei es an einem der Bildstöcke,
an der einsamen Rodungsinsel Margarethenhof, wo das winzige
Kirchlein auf einen keltischen Quellheiligtum steht,
an der monumentalen Kreuzigungsgruppe mit ihrem besonders schönen Ausblick ins Maintal,
der romanischen Basilika Neustadt, wo wir den "Engel des Herren"beten wollen
oder an der Gertrudiskapelle, um mit Georg Thurmaier zu beten:

Mein Gott, wie schön ist deine Welt! Der Wald ist grün, die Wiesen blühn, die großen Ströme ziehn dahin, vom Sonnenglanz erhellt. Die Wolken und die Winde fliehn, das Leben rauscht und braust dahin. Die Vögel jauchzen hoch hinauf, und niemand hemmt der Tiere Lauf da draußen auf dem Feld. Die Sonne bringt den Tag herauf, die Nacht erhellt der Sterne Lauf. Mein Gott, wie schön ist deine Welt.

Und weiter geht mein Weg: Ich habe Zeit, die vorgebrachten Gedanken und Gebete meiner Mitpilger zu überdenken und zu verarbeiten, und es wird mir bewusst, dass jeder seine eigenen Ansichten, Sorgen, Probleme und Wünsche hat, aber auch seine Freuden. Und ich will dankbar sein, dass ich heute daran teilhaben darf. Kilometer um Kilometer gehen wir heute den selben Weg, zeitweise jeder für sich in Gedanken, oftmals fröhlich lachend und schwatzend in der Gruppe. Keiner ist allein. Ich fühle mich geborgen. Die Gemeinschaft im Gespräch, Gebet und Gesang trägt mich weiter, bis ich müde, aber glücklich am Nachmittag am Gnadenort ankommen werde, um dann gemeinsam mit unseren Buswallfahrern zum Abschluss die Hl. Messe zu feiern.
Bevor jedoch die wohlverdiente fröhliche Schlussrast unseren Wallfahrtstag abrundet, will ich vor dem Gnadenaltar der Schmerzhaften Gottesmutter aus dem 14. Jh. den Tag Revue passieren lassen, ihr "Danke" sagen für diesen erfüllten Tag, mich entspannt zurücklehnen, tief Luft holen und murmeln: Es ist vollbracht - Ich bin am Ziel!

Doch dann schau ich mir das - wie mir scheint - so winzige Gnadenbild etwas genauer an: Maria hält ihren toten Sohn auf dem Schoss -ja hier stimmen die Worte "Es ist vollbracht"! und ich sehe: Maria lächelt, in sich gekehrt - die ganze übrige Welt bleibt hier außen vor -ja, sie lächelt trotz all ihrer erlittenen Qualen, als wollte sie mir sagen: Du bist noch nicht am Ziel, du bist immer noch auf dem Weg, dein Weg geht weiter, und höre nicht auf, ihn zu gehen.
Vielleicht ist doch der Weg das Ziel?

Lasst uns mit Gustav Schüler beten:
Herr im Himmel,
all mein Gehen ist Weg zu Dir,
all dein Geschehen geschieht mit mir.
All mein Beginnen begannest du -
all mein Tiefinnen treibt auf Dich zu.
Amen.

 

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